Wie Lang Kann Man Hefeteig Gehen Lassen
Hefeteig ist keine Hexerei! Und doch trauen sich viele nicht an ihn ran, setzen auf Fertigmischungen oder gar auf eine Hefeteighilfe, bei der das lange Gehen fast entf�llt und die zus�tzlich zur Trockenhefe auch noch Backpulver enth�lt. Lassen Sie die Finger von chemischen Hilfsmitteln! Hefeteig ist gar nicht so schlimm.
Hefeteig ist einer der vielseitigsten Teige in den Backstuben der Welt. Der einfachste Hefeteig besteht nur aus Mehl, Salz, Wasser und Hefe. Allein mit dieser Kombination l�sst sich schon viel anfangen: Pizza, Flammkuchen, Calzone, Knabbergeb�ck, Baguette, Ciabatta, einfache Fladenbrote und vieles mehr.
Aber was macht die Hefe mit dem Mehl? B�ckerhefe besteht - wie der Name schon sagt - aus "Hefen", also Pilze. Bei Temperaturen von 25-35� C und gen�gend Feuchtigkeit (=Fl�ssigkeit) vermehren sich diese Pilze und verstoffwechseln Glucose (entweder aus Zucker oder aus dem Mehl herausgespalten) zu Kohlendioxid (CO2) und Alkohol. Beim Verg�ren zu Bier oder Wein entkommt das CO2 und Alkohol reichert sich an. Beim Backen bleiben sowohl Alkohol als auch CO2 im Teig gefangen und verfl�chtigen sich erst beim Backen. Das Ansteigen des CO2-Gehalts kann man sch�n beobachten, weil ein Hefeteig w�hrend seiner Ruhezeit "geht". Das produzierte CO2 f�llt den Teig mit Bl�schen, die den Teig volumin�s aufgehen lassen. Wohl jeder Hobbyb�cker hat nun schon einmal das Ph�nomen beobachtet, dass der Teig nun so gar nicht gehen will und seine urspr�ngliche Gr��e stoisch beibeh�lt. Wie kann das sein? Das kann mehrere Ursachen haben: Zum einen m�gen die Pilze keine k�hlen Temperaturen, dann vermehren sie sich nicht so schnell oder stellen die Fortpflanzung ganz ein. Richtige Hitze vertragen die Hefen aber auch nicht: Ab ca. 40� C fangen Eiwei�e an zu denaturieren - die Pilze sterben langsam ab. Auch ein Zuviel an Salz kann das Wachstum der Hefen verlangsamen und behindern. Direkter Kontakt zu zu viel Fett unterbindet das Wachstum ebenfalls, weil das Fett den Wasserzustrom unterbindet.
Aus diesen Gr�nden gibt es einige Tipps und Tricks bei der Herstellung von Hefeteig:
1. Hefeteig wird immer abgedeckt, wenn man ihn gehen l�sst, damit der Teig nicht austrocknet. Hefepilze m�gen es feucht!
2. Man l�sst den Hefeteig idealerweise an einem warmen Ort gehen: Das kann im Winter in Heizungsn�he sein, auf einer Espressomaschine mit W�rmplatte, ein Dampfgarer, den man auf 30� C stellt oder auch ein Backofen, den man auf 50� C vorgeheizt hat, dann ausstellt und den Hefeteig bei leich ge�ffneter Ofent�r drin gehen l�sst. Die Raumtemperatur ist �brigens auch daf�r verantwortlich, dass Hefeteig im Sommer meist besser und schneller aufgehen. Im Winter ist der Hefeteig meist genauso tr�ge wie wir Menschen - da muss man ihm schon ein wenig W�rme-Komfort bieten.
3. Bei Brotteigen, die h�ufig eine gr��ere Menge Salz ben�tigen, gibt man das Salz erst nach einem ersten, meist 15-min�tigen, Gehen hinzu. Da Salz die Fortpflanzung der Hefepilze verhindert bzw. verlangsamt, gibt man den Hefen einen kleinen Zeitvorsprung.
4. Hefeteig muss gehen, keine Frage. Sich aber stoisch an eine genaue Zeitangabe zu halten, ist Unsinn. Ein Hefeteig verh�lt sich im Winter anders als im Sommer. Deshalb findet sich h�ufig die Angabe: "Gehen lassen bis sich das Teigvolumen verdoppelt hat." Hefeteig ist etwas Lebendiges, also von Zeit zu Zeit einmal einen Blick drauf werfen, wenn Sie noch unerfahren sind. Ist Ihr Hefeteig sch�n aufgegangen, dann aber ganz pl�tzlich in sich zusammengesunken? Dann ist er zu lange gegangen. Bevor Sie so einen kollabierten Teig verwenden k�nnen, sollten Sie ihn einmal gut durckkneten und dann nochmals gehen lassen. Aber keine Angst, Hefeteige neigen meist nicht dazu, innerhalb k�rzester Zeit zu kollabieren. Wenn Sie den Teig nach dem Gehen doch nicht verwenden k�nnen, kann man ihn immer noch �ber Nacht in den K�hlschrank stellen. Auch wenn die Hefepilze ihre Fortpflanzung verlangsamen, ganz unterbinden l�sst es sich nicht. Deshalb dem Hefeteig auch im K�hlschrank ein etwas gr��eres Gef�� g�nnen, damit er nicht entwischt.
5. Das Ruhen im K�hlschrank f�hrt, wie bereits erw�hnt, dazu, dass die Hefen Ihre Vermehrung verlangsamen. Es entstehen so eher kleine CO2-Bl�schen, der fertige Teig hat dann eine feinporigere Konsistenz.
6. Dass Hefepilze K�lte nicht m�gen, habe ich bereits erw�hnt. Man sollte deshalb darauf achten, dass beim Backen alle Zutaten Zimmertemperatur haben. H�ufig wird au�erdem lauwarmes Wasser oder leicht erw�rmte Milch genommen.
7. Hefeteige funktionieren nur mit Weizenmehlen. Je nach Eiwei�gehalt beeinflusst auch das Mehl das Verhalten der Hefe. Sie k�nnen probieren, ob Ihr Kuchen, Hefezopf oder �hnliches mit Mehl vom Typ 405 genauso wird wie mit Mehl Typ 550 oder mit einem italienischen 00-Mehl.
8. Hefepilze ern�hren sich von Zucker. In einem Teig ohne Zucker kommen ihnen Enzyme zu Hilfe, die St�rkek�gelchen aufbrechen. Um die T�tigkeit der Hefe anzukurbeln, k�nnen Sie nat�rlich auch Zucker zum Teig geben. Es reichen schon kleine Mengen. Geben Sie einmal einen Teel�ffel Zucker �ber einen W�rfel Frischhefe: Die Hefe wird sich nach einiger Zeit aufl�sen und verfl�ssigen.
9. Je mehr Zeit Sie einem Hefeteig lassen, desto weniger Hefe ben�tigt man. Das ber�hmte No-Knead-Bread kommt mit ganz wenig Hefe aus. Daf�r wird der Teig aber �ber einen langen Zeitraum "gef�hrt", wie die B�cker das nennen. Das sind gut und gerne mal 20 Stunden und mehr!
10. Wieviel Hefe ben�tigt man f�r einen normalen Hefeteig? Faustregel ist h�ufig 1 W�rfel Frischhefe(ca. 40 g) auf 500 g Mehl. Das ist mir meist zu viel, es sei denn, der Teig enth�lt viel Fett und ist besonders schwer. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass beispielsweise ein Pflaumenkuchen mit wenig Fett auch mit wenig Hefe auskommt: 1/2 W�rfel Frischhefe auf 400-500 g Mehl.
11. Frischhefe oder Trockenhefe? Keine Frage, am besten backt es sich mit frischer Hefe. In Deutschland ist das meist kein Problem. Superm�rkte f�hren meist frische Hefe im K�hlregal (bei den Milchprodukten). Wie konvertiert man die Menge an Frischhefe in Trockenhefe? Ein P�ckchen Trockenhefe wiegt - wie ich es nachgewogen habe - 6 g, das sind in Teel�ffeln gemessen 2 Teel�ffel (mit richtigen Messl�ffeln gemessen!). Am einfachsten sind dann Hefeteigrezepte, die einen W�rfel Hefe vorgeben: Dann nimmt man 2 P�ckchen Trockenhefe oder 4 Teel�ffel. Werden 20 g Hefe verwendet, nimmt man 6 g oder 2 Teel�ffel Trockenhefe (=1 Paket Trockenhefe). 1 W�rfel frischer Hefe entspricht 2 T�ten mit Trockenhefe (bzw. Instanthefe).
UPDATE:
Achtung! Letzte Eink�ufe bei unterschiedlichen Herstellern f�hren unterschiedliche Ergebnisse zu Tage: Meine Trockenhefe war f�r einen W�rfel Hefe gedacht. Es ist aber wohl recht unterschiedlich, was in einer T�te Trockenhefe ist. Bei Alnatura sah ich Trockenhefe: 9 g entspricht einem HALBEN W�rfel Hefe.
Ich nehme Trockenhefe meist aus einem kleinen D�schen - keine Angabe, welches Verh�lntis zur Frischhefe. Ein Aldi-P�ckchen - leider ohne die Pappverpackung - ist meiner Erinnerung nach 1/2 W�rfel Frischhefe - und wiegt immer noch 6 g - das P�ckchen von Lidl tr�gt die Aufschrift 7 g - und soll 25 g frischer Hefe entsprechen. Das w�re dann wieder etwas mehr als nur ein halber W�rfel ... Beim Umrechnen sollte man also unbedingt die Hersteller Angabe durchlesen - Trockenhefe ist nicht gleich Trockenhefe. Auch mit der Angabe "Menge Frischhefe" = "halbe Menge Trockenhefe" (u.a. von dem "Kochchemiker" Harold McGee) kommt man so nicht weiter. Wenn ich die Angaben von Alnatura (9 g) und Lidl (7 g) vergleiche, muss man zu dem Schluss kommen, dass bei Lidl 22% weniger Trockenhefe im P�ckchen ist. Ein nicht unerheblicher Unterschied.
Hier eine kleine Auflistung mit umgerechneten Hefe-Mengen mit "meiner" Trockenhefe:
40 g (1 W�rfel) Frischhefe = ca. 16 g Trockenhefe = ca. 5 TL
20 g (1/2 W�rfel) Frischhefe = ca. 8 g Trockenhefe = 2,5 TL (oder ein P�ckchen Trockenhefe, auch wenn da steht "entspricht 25 g)
10 g (1/4 W�rfel) Frischhefe = ca. 4 g Trockenhefe = 1 + 1/4 TL
12. Die Verwendung von Trockenhefe unterscheidet sich von Verwendung von Frischhefe. Trockenhefe (=Instanthefe in Deutschland) kann einfach zum Mehl gegeben werden, frische Hefe muss zun�chst aufgel�st werden. Das kann man in lauwarmer Milch machen, bei Brotteigen meist in lauwarmem Wasser. Ich habe fr�her gelernt, dass man frische Hefe immer in Zucker aufl�st. Kann man so machen, ist aber nicht unbedingt notwendig. Viele Wege f�hren nach Rom!
13. Warum muss man einen Hefeteig eigentlich kneten, damit er sch�n por�s wird und gut aufgeht? Das ist eine Spezialit�t des Hefeteiges: Durch das Kneten st�rkt man die Bildung von Glutenstr�ngen, ein Geflecht aus Eiwei�str�ngen. Diese verleihen dem Teig - sehr verk�rzt ausgedr�ckt - seine Elastizit�t und bilden das Ger�st f�r die vielen kleinen Gasbl�schen, die von den Hefepilzen gef�llt werden. Deshalb knetet man den Teig und schneidet ihn nicht etwa. Wenn man den sch�n aufgegangenen Teig mit herrlichem Glutenger�st teilen muss, l�sst man die neuen Einzelteile meist auch etwas "entspannen", denn beim Auseinanderschneiden oder -ziehen zerst�rt man unweigerlich die elastizit�tspendenden Eiwei�str�nge. Aufpassen muss man aus deshalb auch, wenn man einen Hefeteig in der K�chenmaschine kneten l�sst. Zwar m�ssen manche Teige etwas l�nger geknetet werden, aber es besteht auch die Gefahr, dass man zu viel geknetet hat und das Glutenger�st nimmt irreparablen Schaden. Beim Kneten von Hand ist ein �berkneten fast nicht m�glich. Eher machen die Handgelenke schlapp ...
14. Das ist jetzt nichts Esoterisches: Ich meine, dass man seinen Hefeteig ruhig von Hand kneten kann - mal abgesehen von schweren Stollenteigen oder Brotteigen, die aufgrund des hohen Fl�ssigkeitanteils (hohe Hydration!) nicht knetbar sind. Teigkneten vermittelt ein Gef�hl f�r den Teig und ist auf jeden Fall eine sinnliche Erfahrung. Man kann regelrecht Liebe in einen Teig hineinkneten - oder aber auch aufgestaute Aggressionen an ihm auslassen. Das nimmt der Hefeteig nicht �bel.
Das war jetzt viel Theorie, aber Sie sehen, dass Hefeteig keine Hexerei ist. Im Grunde ist ein Hefeteig ganz einfach herzustellen, wenn man ein paar Dinge beachtet - das steht aber auch in den meisten Rezepten drin.
Artikel zum Unterschied zwischen "instant yeast" und "active dry yeast"
Rezepte mit und f�r verschiedenen Hefeteigen
Pflaumenkuchen mit Kokos
Buchteln mit Vanilleschaum
Ein ganz einfacher Hefeteig f�r Flammkuchen
Kaisersemmeln
Pizzateig f�r eine Pizza mit roten Zwiebeln, Speck und Ricotta
Baguette nach Julia Child
Fig�rliches Backen: S��es Osterlamm
Schwerer Hefeteig: Mohnstollen
Tolle Baguette: Parisian Daily Bread
Oliven-Foccaccia
Hokkaido-Milchbrot, mein absolutes Lieblings-Hefebrot
Panettone
Berliner Pfannkuchen
Mohnzopf
Pain � l'ancienne
Butterkuchen
Hefekuchen mit Fr�chten
Ein echtes Schwergewicht unter den Hefeteigen: Christstollen
Backobst mit Hefekl��en
Wie Lang Kann Man Hefeteig Gehen Lassen
Source: http://www.foolforfood.de/index.php/lexikon/hefeteig
Posted by: johnsonmanis1967.blogspot.com
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